Besuch bei der Wollgarnspinnerei und Weberei Wagner
Wollerzeugnisse aus Reutte in Outdoor-Produkten von ORTOVOX? – Bei unserem zweiten Besuch in der Wollgarnspinnerei und Weberei WAGNER GmbH & Co.KG bekamen dieses Mal die Schülerinnen und Schüler der Klasse 2bEH einen kleinen Einblick, wie auf jahrzehntealten Maschinen einzigartige Streichgarne und Zwirne gesponnen werden, mit denen das alteingesessene Unternehmen auch namhafte Firmen beliefert.
Niemand vermutet hinter den unscheinbaren Mauern in der Innsbrucker Straße eine 1 000 qm große Halle, voll mit museal anmutenden Maschinen, deren älteste aus dem Jahr 1939 stammt. Auf diesen mechanischen Ungetümen wird Schafwolle zu Streichgarnen und Zwirnen in jeder gewünschten Stärke verarbeitet, ein Prozess, der auf modernen Fertigungsmaschinen so nicht mehr möglich ist. Auch die Bedienung und Wartung der Maschinen kann nirgendwo mehr erlernt werden, sondern basiert nur auf der Erfahrung der Firmeninhaber. Die Endprodukte werden dann an große Firmen wie Ortovox weiterverkauft oder zu Teppichen verwoben und im eigenen Ladengeschäft verkauft.
In diesem Geschäft empfing uns Herr Georg Wagner und erklärte uns zunächst, welche Wollen bzw. Haare anderer Tiere im Betrieb verarbeitet werden. Da sich die Züchtung von Schafen als Nutztiere für die Bauern kaum noch lohnt, gibt es in der Region fast keine Schafe mehr, deren Wolle die erforderlichen Qualitätskriterien erfüllt. Stattdessen werden bei uns alte Schafrassen gezüchtet, die für die Gewinnung von qualitativ hochwertiger Wolle nicht geeignet sind. Daher muss die Wolle heute fast ausschließlich aus anderen Ländern wie z. B. Neuseeland zugekauft werden. Aus diesen Gründen gibt es in Europa auch kaum noch handwerkliche Betriebe wie die Weberei Wagner. Wir hatten auch Gelegenheit, verschiedene Wolldecken anzugreifen und so die Unterschiede zu ertasten, z. B. Decken aus feinster tasmanischer Merinowolle oder aus der eher gröberen Wolle vom süddeutschen Merinoschaf.
Dann ging es weiter in die Produktionshalle an eine riesige Krempelmaschine, die Herr Wagner mit hellem und dunklem Wollvlies befüllt hatte. Durch das mehrfache Kämmen der verschiedenfarbigen Wollfasern entsteht aus dem losen Gewirr ein gleichgerichteter und gleichmäßig grau gefärbter Faserflor, woraus dann das Garn gesponnen wird. Während des Spinnprozesses wird aus den lockeren Fasern durch Verdrehen und Verziehen ein festes Garn, das auf Spulen aufgewickelt wird. Auch die riesige Spinnmaschine wurde eigens für uns in Betrieb genommen. Bei Bedarf wird dann auf einer weiteren Maschine aus mehreren der gewonnenen Garne durch Verdrehen in entgegengesetzter Richtung ein Zwirn erzeugt.
Als letzten Schritt zeigte uns Herr Wagner schließlich noch einen mechanischen Webstuhl, auf dem in reiner Handarbeit die typischen Außerferner Schafwoll- und Fleckerlteppiche hergestellt werden. Er demonstrierte uns, wie die Kettfäden in die Litzen eingefädelt werden und wie die Mechanik die Kettfäden an den Litzen auseinanderzieht, sodass der Schussfaden von Hand durchgezogen werden kann. Wir waren alle sehr beeindruckt von dem einzigartigen Know-how, das in diesem Betrieb seit vielen Jahrzehnten gepflegt und weiterentwickelt wird. Wir bedanken uns sehr herzlich bei der Familie Wagner für diese lehrreiche Führung und würden uns freuen, auch in Zukunft wieder einmal vorbeikommen zu dürfen.
Joachim Brosig